2. Impuls "7 Wochen ohne": Loslegen

Mein Entschluss steht fest: Jetzt weiß ich, was ich umsetzen, angehen, verändern, ausprobieren will...

Jetzt heißt es also nur noch LOSLEGEN.

Die zweite Woche der Aktion „7 Wochen ohne Stillstand: Üben!“ legt den Fokus aufs Anfangen. Auf den ersten Blick kein spektakuläres Thema. Ist doch logisch, nach dem Vorsatz kommt das Beginnen. Also, worauf warten? 3 ... 2 ... 1 ... LOS!

Meistens sind die scheinbar einfachen Dinge beim genaueren Betrachten doch nicht so simpel. Und ich denke, das ist mit dem Thema dieser Fastenwoche genauso. Etwas Neues anzufangen, eine andere Haltung einzuüben, das geht nicht von heute auf morgen. Üben braucht Zeit. Und auch die Überwindung damit loszulegen. Weil es vielleicht doch nicht das Richtige für mich ist ... weil das Wetter so schön ist und ich doch lieber raus gehe ... weil ich noch so viel Arbeit habe, die eigentlich noch ganz dringend erledigt werden muss ... Ausreden finde ich viele und meinen inneren Schweinehund zu überwinden ist manchmal ganz schön schwer.

Aber nein: ich habe mir etwas vorgenommen, darum: Jetzt, LOSLEGEN!

Genau auf dieses Verhalten will uns das Thema der zweiten Fastenwoche hinweisen: Zum Üben gehört das Überwinden, das Ausprobieren, das Scheitern und wieder Anfangen.

In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung zum Thema "Wie setze ich meine Vorsätze um" lese ich, dass nicht das Machen selber, sondern das Anfangen das Schwierigste ist. Also geht es zum Glück nicht nur mir so.

Aber jetzt lege ich wirklich los! Trau mich, spring einfach ins kalte Wasser, fang an, jetzt ist es genau richtig. ... wenn da nicht der dringende Anruf ist, den ich schon lange machen wollte, und die Kinder rufen nach mir, und der Hund muss raus und einkaufen muss doch auch noch jemand.... Aber morgen! Morgen geht’s wirklich los. Da kommt mir dann nichts mehr dazwischen!

Der Bibeltext für die zweite Fastenwoche aus dem Buch der Sprüche gibt uns genau diese Erfahrung mit auf den Weg: „Ein Gerechter fällt siebenmal und steht wieder auf...“. Zum Einüben gehört das Scheitern. Die Zahl ist hoch, nicht einmal, nicht zweimal, nein siebenmal fällt der Gerechte.... vielleicht auch achtmal... Man muss die Zahl nicht so genau nehmen, sie soll „oft“ symbolisieren.

Hinfallen und nicht liegenbleiben. Wieder hochkommen, weitermachen oder eben anfangen. Nicht entmutigen lassen oder Zweifel das Anfangen von Anfang an hemmen lassen. Versuch und Irrtum, Stolpern und Hinfallen gehören dazu. Ist halt noch keine Routine. Das ist ja das Schöne. Nicht entmutigen lassen! Also: Los geht's!

Aber dann lese ich den Bibeltext noch weiter und frage mich, wer denn da eigentlich gemeint ist. „Ein Gerechter fällt siebenmal und steht wieder auf, aber die Frevler versinken im Unglück.“  Mit der aktuellen Situation im Hinterkopf merke ich, wie schnell ich zwei Schubladen aufmache und darin Menschen hineinstecke: „Gerechte“ und „Frevler“, keine Frage, wer da wer ist! Und ich lese den ganzen Abschnitt, der zu diesem Satz gehört in der Übersetzung der Basisbibel:

„Du sollst dich nicht wie ein Frevler verhalten und den Gerechten in seinem Haus überfallen. Zerstör auch nicht seinen Lagerplatz auf dem Feld! Denn siebenmal mag der Gerechte stürzen und steht doch immer wieder auf. Aber wenn Frevler über ihre Bosheit stolpern, ist es mit ihnen aus. Wenn dein Feind stürzt, freu dich nicht darüber! Wenn er stolpert, brich nicht in Jubel aus! Der HERR könnte es sehen und dein Verhalten missbilligen. Dann könnte er von seinem Zorn ablassen, mit dem er gegen deinen Feind vorgeht. Reg dich nicht auf, wenn es bösen Menschen gut geht! Sei nicht eifersüchtig auf die Frevler! Denn böse Menschen werden keine Zukunft haben, die Lampe der Frevler verlöscht.“ (Sprüche 24,15-20)

Ich komme weg von dem Thema der Woche, aber ich kann nicht anders und bin gedanklich bei dem Kriegsgeschehen in der Ukraine. Wer der Feind ist, ist für mich dabei ganz klar. Und beim letzten Satz merke ich, dass ich mich ein klein wenig freue: Böse Menschen haben keine Zukunft. Diktatoren haben keine Aussicht auf Zukunft. Das lässt Gott nicht zu.

Aber ist das so einfach? Liege ich mit dieser Art den Bibeltext zu lesen richtig? Ich schaue genauer hin, denn die scheinbar einfachen Dinge sind bei genauerer Betrachtung, doch meistens nicht so einfach wie sie scheinen.

Ich frage mich, wer sind „die Gerechten“ und wer sind „die Frevler“. Die Basisbibel beschreibt das so: Frevler sind Menschen, die Gottes Gebote missachten und ihre eigenen Interessen gewaltsam durchsetzen. Gerechte sind Menschen, die Gottes Gebote befolgen, sodass das Leben in Gemeinschaft miteinander gelingt.

Frank Muchlinsky von der Aktion „7 Wochen ohne“ erklärt dazu folgendes: „Es geht also auch um die große Spanne zwischen dem eigenen Interesse und dem Gemeinschaftswohl. Es geht um Gottes Gebote und darum, dass Menschen so egoistisch sind, dass sie vor nichts zurückzuschrecken, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Auf einmal ist da im Text viel mehr Platz als für Putin allein. Nun kann ich mich tatsächlich selbst „angesprochen“ fühlen von dem Bibeltext. Wo stehe ich denn auf der Skala zwischen Frevler und Gerechter? Gebe ich meinen Interessen den Vorrang, oder habe ich das Wohl vieler im Blick? Wie steht es um meine Rücksicht auf andere, wenn meine eigenen Interessen bedroht sind? Wie sehr sind mir Gottes Gebote eine tatsächliche Richtschnur?“

Ich merke, dass ich hier gestolpert bin, dass ich mich mit meiner vorschnellen Meinung verrannt habe, dass ich vorschnell geurteilt habe, dass ich mich vom einfachen Schwarz-weiß-Denken habe verleiten lassen. Aber auch hier gilt: Aufstehen, genauer hinschauen, nochmal probieren, loslegen! Trau dich!

„Wohin du gehst, dahin gehe auch ich. Und wo du bleibst, da bleibe auch ich.“

Gottes Segen begleite uns, in all’ unseren Anfängen und Aufbrüchen.

Sabine Keller, Pfarrerin
im März 2022

Impulsfragen zum Weiterdenken:
1. Was ist für mich „ein Gerechter“?
2. Gibt es Schubladen, die ich gerne bediene?
3. Wenn ich an mein Leben denke, wo bin ich gefallen und wo aufgestanden?
4. Was möchte ich noch lernen?